Marktkommentar Juli 2023
- Marktlage allgemein
- Wer sind die Feinde der Wirtschaft?
- Aktuelle Anleiherenditen im Blick – ein Comeback der Zinsen
- Ausblick
Marktlage allgemein
Zu viel Illusion oder gute Gründe für den Optimismus?
Auf der langen Liste potenzieller Risiken blinken in fast täglichem Wechsel immer wieder andere mit neuer Intensität auf. Die Bandbreite reicht von der US-Budget Diskussion bis zu OPEC-Entscheidungen, Schwächen im verarbeitenden Sektor in China und Europa und einer noch immer schwelenden Krise im US-Bankensektor. Doch der amerikanische Aktienmarkt meldete im Juni nach technischen Kriterien den Beginn eines neuen Bullenmarktes im breiten S&P 500 Index. Auch der deutsche Aktienmarkt markierte im Fahrwasser neue Höchststände, die allerdings rasch wieder abgebaut wurden.
Werden die immer noch starken Rezessionsbefürchtungen vieler Ökonomen auf die leichte Schulter genommen?
Wie so oft gibt es keine eindeutige Antwort. Da ist zuerst die restriktive Politik der Zentralbanken zu erwähnen. Die amerikanische Zentralbank erhöhte im letzten Jahr in Rekordgeschwindigkeit die Leitzinsen. Noch nie in der Nachkriegsgeschichte gab es einen so dynamischen Anstieg in so kurzer Zeit. Andere Zentralbanken weltweit zogen nach. In der Kombination steigender Leitzinsen, Krieg und Inflation machten sich Furcht und Volatilität breit. Denn eine solch geballte Kombination von Faktoren hat in der Vergangenheit immer zu rezessiven Tendenzen und „Unfällen“ im Finanzsektor geführt. Hier liegt möglicherwiese der erste Grund für die positive Überraschung an den Märkten: Erleichterung darüber, dass die Inflationsraten fallen, die Gaspreise ihre Übertreibungen abgebaut haben und sich das Wachstum als erstaunlich resilient erweist. Weiterhin stabile Arbeitsmärkte weltweit. Hohe Zinsen und eine inverse Zinsstruktur machen Teilen des Finanzsektors zu schaffen, beeinträchtigen jedoch noch nicht in starkem Maße den Arbeitsmarkt, dies stabilisiert die Volkswirtschaften in den USA und Europa.
Die ungewöhnliche und intensive Abfolge von Krisen: aus der größten Infektionswelle weltweit in den Ukraine Krieg und danach direkt in die höchste Inflationsphase seit der Ölkrise in den Siebzigern. Diese Krisen haben ungeahnte Energien in der Bewältigung freigesetzt und die Staaten befähigt, ein bis dato beispielloses Kriseninstrumentarium zu entwickeln. Notgedrungen und teilweise zur Überraschung der Marktteilnehmer, entwickelten sich daraus in hohem Maße anpassungsfähige Unternehmen. Die Berichterstattung für das erste Quartal dieses Jahres hat eine erstaunliche Stärke der Umsätze und Gewinne börsennotierter Unternehmen offenbart. Offensichtlich schaffen es tatsächlich viele Unternehmen von der Inflation zu profitieren, Kosten zu senken und / oder staatliche Subventionen in die richtigen Wege zu lenken. Die Innovationswelle in vielen Branchen scheint ungebrochen. Dies reicht von der vieldiskutierten künstlichen Intelligenz, über neue gentechnologisch hergestellte Medikamente bis hin zur Elektromobilität und dem ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft.
Können Aktien also weiter steigen? Aus der Vielzahl der Faktoren ist ein enormer Druck auf die Wirtschaftssubjekte entstanden. Investitionen und Innovationen müssen schnell und effizient umgesetzt werden. Kann das funktionieren? Im Grundtenor bejahen dies die Aktienmärkte im Augenblick.
Doch der Wind wird rauer und es müssen Rückschläge einkalkuliert werden. Eine Rezession ist nach wie vor wahrscheinlich, denn die Nachwirkungen der höheren Zinsen werden noch spürbarer werden. Die Stimmungslage der deutschen und europäischen Industrie hat bereits gedreht. Der erhoffte „China-Impuls“ scheint schwächer als erwartet auszufallen und es bleibt abzuwarten, wie robust sich die US-Wirtschaft wirklich erweist.
Wer sind die Feinde der Wirtschaft? (….zugegeben etwas plakativ dargestellt, aber dennoch…)
Zerstörung von Kulturgütern, Kunst und Sportstätten im Namen des Umweltschutzes und eine Million Euro pro Arbeitsplatz: wie irre ist das denn?
Wer sind die Feinde der Wirtschaft? Klar, die Klimakleber sind heiße Kandidaten in ihrem wahnhaften Bestreben, die Industrie aus dem Land zu treiben und die Reichen gleich mit, wen auch immer sie dafür halten. Was Klimaschutz mit dem Zerstören von Golfplätzen oder Kunstwerken zu tun hat, muss man nicht verstehen, der krude Antikapitalismus lohnt kaum einer Debatte. Für ökonomische Argumente ist die „Letzte Generation“ nicht zu gewinnen: Keine Chance für die Marktwirtschaft. Jeder hat dazu seine eigene Meinung und das ist in einer Demokratie auch gut so.
Aber, wenn die Bundesregierung dem US-Konzern Intel zehn Milliarden Euro spendiert, damit im Osten der Republik eine Chipfabrik entsteht, tut sie dann etwas Gutes für die Wirtschaft? Eher nicht, so sehr die Politiker sich feiern für ihren angeblichen Einsatz für den Wirtschaftsstandort. In erster Linie bedienen sie damit die Einzelinteressen eines Konzerns. Der Bäcker, Metzger, Maschinenbauer in der Nachbarschaft darf nicht auf solche Großzügigkeit hoffen. Höchst fragwürdig ist auch das Argument mit den entstehenden Arbeitsplätzen, gerade in Zeiten eines Facharbeitermangels, in denen Intel im Zweifel anderen Unternehmen die Mitarbeiter abwirbt. Ganz zu schweigen von der einzigartigen finanziellen Dimension: Zehn Milliarden Euro Subventionen! Das bedeutet: Jeder neue Job wird, je nach Rechnung, mit mindestens einer Million vom Steuerzahler bezuschusst. Wie irre ist das denn? Viel mehr wäre gewonnen, wenn die Milliarden dort investiert würden, wo es allen – Bürgern wie Unternehmen – zugutekäme: Infrastruktur, intelligente Stromnetze, Forschung, Digitalisierung, Bildung. All dies würde dem Wirtschaftsstandort insgesamt helfen und ihn obendrein attraktiver für ausländische Investoren und Fachkräfte machen.
Aktuelle Anleiherenditen im Blick – ein Comeback der Zinsen
Anleihen waren lange Jahre Verlustbringer mit negativen Renditen, doch mit der Zinswende sind festverzinsliche Wertpapiere wieder zunehmend attraktiv.
Im Dezember 2021 erzielten 10-jährige Bundesanleihen noch eine negative Rendite (minus 0,3 % pro Jahr). Mittlerweile werfen diese Papiere wieder positive Erträge ab. Derzeit sind es circa 2,3 %, bei US-Staatsanleihen ca. 3,7 %. Noch rentierlicher sind Unternehmensanleihen mit Renditen jenseits der 4 % und mehr, je nach Bonität des Unternehmens. Angesichts der unsicheren Aussichten für die Konjunktur spielen die Bonität sowie eine ausreichende Streuung bei Unternehmensanleihen eine wichtige Rolle. Anleihe-Neuemissionen bieten zusätzliche Gelegenheiten ein „Schnäppchen“ zu bekommen, wenn man sich bereits vor Börseneinführung an einer Anleihe beteiligen kann. Dies ist in der Regel den institutionellen Marktteilnehmern vorbehalten. Privatinvestoren gehen bei diesen Geschäften meist leer aus. Ein Beispiel aus unserem Portfolio:
• 5,125 % Anleihe der Sixt SE, Laufzeit bis 2027
Zeichnung der Anleihe zum Emissionskurs am 02.06.2023: 99,55
Aktueller Kurs am 13.07.2023: 103,74
Die Sixt SE mit Sitz in Pullach bei München ist einer der international führenden Anbieter hochwertiger Mobilitätsdienstleistungen. Mit den Produkten SIXT rent, SIXT share, SIXT ride und SIXT+ auf der Mobilitätsplattform ONE bietet das Unternehmen ein einzigartiges, integriertes Angebot von Premium-Mobilität
in den Bereichen Auto- und Nutzfahrzeugvermietung, Carsharing, Fahrdienste und Auto Abos. SIXT ist in über 100 Ländern weltweit präsent. Das Unternehmen steht für konsequente Kundenorientierung, eine gelebte Innovationskultur mit starker Technologiekompetenz, einen hohen Anteil an Premiumfahrzeugen in der Flotte und ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis. (Quelle: comdirect.de)
Geschäftslage (Quelle: Unternehmensmeldung 11.05.2023):
Nach dem Geschäftseinbruch in der Corona-Pandemie, die zu erheblichen Effizienzsteigerungen im Unternehmen führte, hat sich das Unternehmen wieder hervorragend im Markt etabliert. Wegen der hohen Nachfrage bei knapperer Verfügbarkeit können Mietwagenanbieter seit geraumer Zeit deutlich höhere Preise aufrufen. Sixt punktete vor allem im Heimatmarkt Deutschland und in den Vereinigten Staaten. Dabei erweiterte der Konzern seine Flotte vor allem mit Premium-Wagen von BMW, der VW-Tochter Audi und Mercedes-Benz, für die er noch höhere Preise verlangen dürfte. Allerdings spürt auch Sixt die inflationsbedingten Kostensteigerungen mittlerweile stärker.
Fazit: Obwohl das Unternehmen aufgrund seiner überschaubaren Größe kein externes Bonitätsrating hat, haben wir die Zeichnung der Anleihe zur Erstnotiz befürwortet, da im Vergleich zu bereits an der Börse gehandelten Papieren ein außerordentlich interessantes Chance/Risiko-Verhältnis vorlag. So konnte innerhalb kürzester Zeit ein Kursplus von über 4% erzielt werden.
Rentenfonds zur Risikostreuung
Ein weiteres Beispiel zur wieder erreichten Attraktivität des Anleihemarktes anhand eines Rentenfonds:
- Carmignac Portfolio Credit FW EUR (Daten aus Wochenbericht 07.07.2023)
Referenzindikator: 75% ICE BofA Euro Corporate Index + 25% ICE BofA Euro High Yield Index
(Wiederanlage der Erträge, vierteljährlich neu gewichtet)
Modifizierte Duration (Laufzeit Jahre) 3,5
Rendite bis zur Fälligkeit 9,9 % p.a.
Durchschnittsrating BB+
Der Carmignac Portfolio Credit ist ein internationaler Rentenfonds, der weltweit Anleihestrategien umsetzt. Sein flexibler und opportunistischer Anlagestil erlaubt dem Fonds eine uneingeschränkte, auf Überzeugungen beruhende Allokation. Der Fonds hat zum Ziel, seinen Referenzindikator über einen empfohlenen Anlagezeitraum von mindestens 3 Jahren zu übertreffen.
Ausblick und Anlagestrategie des Rentenfonds (Quelle: Monatsbericht zum 31.05.2023)
Wir konzentrieren uns weiterhin auf unsere wichtigsten Anlagethemen durch die Auswahl hochverzinslicher Anleihen, wie z. B. im Energiesektor, der weniger anfällig für steigende Zinsen ist, und unsere Auswahl an CLOs, die von einer variablen Zinsstruktur profitieren, die die negativen Auswirkungen des Inflationsdrucks, der Zinsvolatilität und der steigenden Ausfallquoten abmildert. Darüber hinaus behalten wir in diesem volatilen Umfeld unsere Absicherungsstrategien auf den Kreditmärkten (ca. 10%) bei – auch wenn wir sie in letzter Zeit reduziert haben –, um das Portfolio gegen das Risiko weiterer Marktverwerfungen zu schützen und uns gleichzeitig auf Alpha zu konzentrieren. Denn nach Jahren niedriger Ausfallraten, die auf die reichliche Liquidität und die niedrigen Kapitalkosten zurückzuführen sind, dürften diese wieder auf ein normaleres Niveau steigen, was wir als Katalysator betrachten, der echte spezifische Chancen schaffen dürfte. Ferner dürften der hohe Carry des Portfolios (fast 10%) und die attraktiven Bewertungen am Kreditmarkt die Volatilität kurzfristig abschwächen und mittel- bis langfristig für eine gute Performance sorgen.
Fazit: Der Carmignac Rentenfonds bietet somit ein breit gestreutes Investment in hochverzinsliche Anleihen mit zugegebenermaßen etwas schwächeren Bonitäten. Einzelinvestments erscheinen uns in diesem Segment zu risikoreich. Wir vertrauen auf die langjährige Expertise der Gesellschaft, die Widerstandsfähigkeit der investierten Unternehmen sehr gut einschätzen zu können. Eine durchschnittliche Portfoliorendite von 9,9 % p.a., bei überschaubarer Restlaufzeit, sollte sich in der Zukunft in einem nennenswerten Renditebeitrag niederschlagen.
Ausblick
Ökonomen befürchten „konjunkturelles Unwetter“
Der wichtigste Frühindikator für die Konjunkturentwicklung in Deutschland, der Ifo-Geschäftsklimaindex, ist im Juni zum zweiten Mal in Folge deutlich gefallen. Im Juni verlor der Index 3 Punkte auf nun 88,5 Punkte. Er steht damit auf dem Niveau des vergangenen Herbstes, als die Unternehmen fürchteten, dass ihnen im Winter das Gas ausgeht. Der vorübergehende Optimismus scheint verflogen. „Vor allem die Schwäche der Industrie bringt die deutsche Konjunktur in schwieriges Fahrwasser“ sagt Ifo-Präsident Clemens Fuest. Ein schwaches außenwirtschaftliches Umfeld, rückläufige Auftragseingänge und gestiegene Zinsen seien die Hauptgründe für die skeptischere Einschätzung. Die große Hoffnung in eine wirtschaftliche Erholung in China nach dem Ende der Null-Covid-Politik hätten sich zudem nicht erfüllt – der Gegenwind für die deutsche Wirtschaft nimmt also deutlich zu – braut sich ein konjunkturelles Unwetter zusammen?
Wir gehen über den Sommer von Rückgängen in den führenden Aktienindizes aus und haben daher sukzessive unsere Aktienquoten auf 50-60% der jeweiligen max. Depotstrategie gesenkt. Rückschläge möchten wir zu günstigeren Käufen nutzen. „Überliquidität“ kann zur Überbrückung mittlerweile wieder in kurzfristigen Anleihen mit bis zu 4 % Rendite p.a. „geparkt“ werden.
Warum also Aktien einsammeln bei entsprechend trüben Aussichten? Die weltweit notwendig gewordenen Investitionen in die Effizienz der Unternehmen werden sich in der Zukunft auszahlen. Wir gehen lediglich von einer kurzen und nicht tiefgreifenden Rezession aus. Der Konjunkturhimmel könnte sich zum Jahresende schon wieder etwas lichten, wenn der Rückgang der Inflation fortschreitet. Die massiv gestiegenen Zinsen sollten auf Sicht von 6 bis 12 Monaten stagnieren – möglicherweise sogar im kommenden Jahr schon wieder von den Notenbanken gesenkt werden. Das könnte neue Kurs-Impulse für Anlagen in festverzinslichen Wertpapieren bringen, Verbraucher und Unternehmen entlasten und sich damit auch positiv auf den Aktienmarkt auswirken.
Herzliche Grüße aus Trier
Ihr Team der
Breiling | Spohn & Kollegen
Vermögensverwaltung GmbH
Disclaimer/Risikohinweis:
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