Marktkommentar Oktober 2023
- Marktlage allgemein
- China provoziert
- Platin
- Ausblick
Marktlage allgemein – unruhiger Herbst
Wir erwarten, dass die zuletzt aufgekommene Nervosität an den Aktienmärkten auch die nächsten Wochen und Monate prägen wird. Das weltweit negative M1-Geldmengenwachstum, die hohen Renditen von Staatsanleihen und Geldmarktanlagen sowie die recht gelassene Investorenstimmung sprechen für einen unruhigen Herbst.
Die Aktienmärkte haben sich insbesondere in den USA dank der zuletzt überraschend starken US-Konjunktur in den vergangenen Monaten weiterhin recht robust entwickelt. Zudem sind die Unternehmensanalysten unverändert optimistisch, vielleicht sogar ein wenig zu optimistisch.
Investoren sollten nicht außer Acht lassen, dass sich im Hintergrund monetäre Indikatoren nochmals verschlechtert haben. Die Geldmenge in der Eurozone schrumpft deutlich. Wie die Daten der EZB zuletzt zeigen, sank die enger gefasste Geldmenge M1 im August im Jahresvergleich um 10,4%. Sie umfasst den Bargeldumlauf und die täglich fälligen Einlagen bei Banken. Neben M1 ist im Juli auch die weiter gefasste Geldmenge M3 im Jahresvergleich überraschend um 1,3% geschrumpft. Es ist der erste Rückgang seit 2010. M3 gilt als Spiegel der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen. Für Ökonomen deutet ein Schrumpfen dieser Geldmenge auf einen nachlassenden Inflationsdruck im Euroraum hin
Es dauert häufig mehrere Quartale, bis sich ein verschärftes monetäres Umfeld schließlich in der Konjunktur und in den Unternehmensgewinnen negativ niederschlägt.
Diese Wirkungsverzögerungen führen regelmäßig dazu, dass sich viele Investoren aufgrund einer weiter robusten Konjunktur voreilig von ihrem Rezessionsszenario verabschieden und stattdessen eine weiche Landung für das wahrscheinlichste Szenario halten. Das gilt momentan auch für die Prognosen der US-Wirtschaft. Wir halten das derzeitige Bewertungsniveau am US-Aktienmarkt mit einem KGV von 19 für den S&P 500 für sehr ambitioniert. Insbesondere in einem Kapitalmarktumfeld, in dem Investoren in den USA relativ risikolos eine Rendite von mehr als 5% für US-Geldmarktanlagen erzielen können.
Was dürfen wir in den kommenden Monaten in Sachen Geldpolitik an der Zinsfront erwarten?
Wir sehen zurzeit einen Rückgang der Inflationsraten, sowohl diesseits wie jenseits des Atlantiks. Einige Länder befinden sich bereits in einer Rezession und die Weltwirtschaft leidet insgesamt unter den hohen Zinsen.
Die Teuerung in der Eurozone hat sich im September mit 4,3% bereits mehr als halbiert. Der rasante Rückgang der Produzentenpreise, der mittlerweile sogar Deflationscharakter hat, sollte künftig auf abebbende Verbraucherpreise hindeuten. Die europäischen Währungshüter sehen auch in den kommenden Monaten keine nachhaltige Erholung der Konjunktur, somit bleibt auch der Druck von der Nachfrageseite aus.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Zinsgipfel nahe ist. Zumindest ließ die EZB zuletzt durchblicken, dass es sich im September voraussichtlich um die letzte Anhebung der Zinsen gehandelt haben könnte. Die Leitzinsen hätten ein Niveau erreicht, „das – wenn es lange genug aufrechterhalten wird – einen erheblichen Beitrag zu einer zeitnahen Rückkehr der Inflation auf den Zielwert leisten wird“, erklärte EZB-Präsidentin Lagarde.
Im Dilemma zwischen Preisstabilität und Konjunkturstabilisierung wäre es für die EZB ratsam, zunächst keine Zinserhöhung mehr vorzunehmen und eine Zinspause einzulegen, damit die bisherigen Maßnahmen ihre Wirkung entfalten können. Bei der fortschreitenden Abkühlung der wirtschaftlichen Lage sollte der Preisauftrieb weiter nachlassen und so im kommenden Jahr bereits wieder Zinssenkungsfantasie aufkommen. Der Zeitpunkt lässt sich selbstverständlich nicht vorherbestimmen, jedoch gehen die meisten Volkswirte davon aus, dass Mitte nächsten Jahres die Notenbanken – durch die sich stetig verschlechternden Wirtschaftsdaten – zu Zinssenkungen übergehen könnten, was für langlaufende Anleihen und Aktien sehr positiv wäre.
Wir haben den Anteil an Anleihen in den Portfolios bereits deutlich ausgebaut, um attraktive Renditen jenseits der 4 % zu sichern und zusätzliches Kurspotential für die Zeit nach dem Zinsgipfel zu haben. Im vergangenen Newsletter sind wir bereits darauf näher eingegangen. Weiterhin haben wir die Aktienquoten im Jahresverlauf deutlich gesenkt und sind gewillt, diese sukzessive in die Nervosität der Märkte wieder auszubauen.
China provoziert
Im Südchinesischen Meer braut sich was zusammen.
Vor wenigen Tagen hat die chinesische Regierung eine offizielle „Standard-See-Karte“ veröffentlicht, auf der sie nahezu das gesamte Südchinesische Meer kurzerhand für sich beansprucht. Eine Welle der Empörung aller Anrainerstaaten war die Folge. Vietnam, Taiwan, Malaysia, Brunei, Indonesien und die Philippinen haben in seltener Einigkeit diplomatische Proteste adressiert.
Auf die Huangyan-Insel, das sogenannte Scarborough-Riff, erheben China und die Philippinen Ansprüche. Es war 2012 Mittelpunkt eines militärischen Zwischenfalls zwischen beiden Ländern, worauf Peking das Riff kurzerhand besetzte. Obwohl ein Gericht 2016 entschieden hatte, dass Chinas historische Rechte auf das Gebiet hinfällig seien, erkennt Peking das Urteil nicht an.
Doch nun folgt den territorialen Ansprüchen Pekings eine direkte Konfrontation. Chinesische Kriegsschiffe haben eine Blockade errichtet, um philippinischen Streitkräften die Zufahrt zu den per Karte annektierten Inseln und Buchten zu verwehren. Manila schickte daraufhin seinerseits Militär. Die Feindseligkeiten verschärfen sich. Aus Peking und Manila kommen aggressive Töne wechselseitiger Vorwürfe.
Gleichzeitig warnt China den Westen vor Konsequenzen einer Bündnis-Ausweitung im Pazifik. Ähnliche Nachrichten ereilten uns auch in den letzten Jahren aus Russland zu der NATO-Erweiterung in Richtung Osten.
Will China nur von seinen massiven wirtschaftlichen Problemen ablenken? Z.B.:
- Immobilienkrise und hoch verschuldete Immobilien-Bauträger
- extrem hohe Jugendarbeitslosigkeit
- flaches Wirtschaftswachstum
- hohe Gesamtverschuldung von Regierung, Unternehmen und Haushalten
- Demographie-Problem
Die anfängliche Euphorie über die Öffnung nach drei Jahren der Abriegelung ist in der Volksrepublik China schnell wieder verflogen. Chinas wirtschaftliche Verlangsamung und die brodelnde Immobilienkrise stellen das Land vor große Herausforderungen. Zudem herrschen große Ungleichgewichte in der chinesischen Wirtschaft. Hinzu kommt, dass das starke Wachstum der letzten Jahrzehnte hauptsächlich von schuldenfinanzierten, staatlichen Investitionen getrieben war. Obendrein steht China auch noch vor einem Demographie-Problem.
Das geradezu grenzenlose Heer an billigen Arbeitskräften, das maßgeblich zu Chinas bisherigem Wachstum beigetragen hat, schrumpft schneller als erwartet. Reagiert die chinesische Führung mit einer Stimulus-Bazooka, oder hat die KPC (Kommunistische Partei Chinas) das Pulver in den letzten 20 Jahren mit ihren wiederholten Interventionen verschossen?
Notenbanken weltweit verfolgen genau, wie China auf diese Herausforderung reagiert, da die Auswirkungen weit über seine Grenzen hinaus spürbar sind. China ist mindestens genauso vom Westen abhängig wie der Westen von China.
Wir schätzen die aktuelle politische Lage als diplomatisches Säbelrasseln ein. Wenn sich die Lage allerdings zuspitzen sollte, werden wir entsprechend vorsichtig agieren.
Platin
Das Wort „Platin“ wurde aus dem spanischen Wort für Silber „platina“ abgeleitet – aufgrund der weißlich-grauen Farbe des Edelmetalls.
Platin ist eines der seltensten Elemente der Erdkruste. Metallisches Platin (Platinseifen) wird heute fast nicht mehr abgebaut. Stattdessen fallen die Platinmetalle (Platin, Palladium, Rhodium, Iridium, Osmium, Ruthenium) als Nebenprodukt beim Abbau von Kupfer und Nickel an. Anders als Gold und Silber wird Platin nur an wenigen Orten in der Welt abgebaut. Südafrika ist mit Abstand der wichtigste Produzent und jährlich werden nur wenige hundert Tonnen gefördert.
Platin ist ein sehr formbares Metall. Es leitet Elektrizität und Wärme sehr gut, ist korrosionsbeständig und lässt sich sehr gut mit anderen Metallen zu Legierungen mit vielfältigen industriellen Anwendungen kombinieren. Für Platin gibt es dank seiner hervorragenden Eigenschaften zahlreiche unterschiedliche Einsatzgebiete: In der Medizinaltechnik als Implantate, als Katalysatoren bei Fahrzeugen, für Verkleidungen von Satelliten und Raketen in der Raumfahrt, als Spiegel, Schmelztiegel in der Glasverarbeitung, für Laserdrucker etc.. Nebst der industriellen Verwendung ist Platin auch als Anlagemetall beliebt.
Etwa 40% des weltweit geförderten Platins wird für die Herstellung von Katalysatoren verwendet. Diese Katalysatoren werden in die Auspuffanlage von Autos eingebaut und sorgen dafür, dass bei der Verbrennung von Kraftstoff keine giftigen Gase in die Atmosphäre abgegeben werden.
Auf den ersten Blick wird dies oft als Nachteil verstanden, weil hierzulande die Verbrennungsmotoren zum Auslaufmodell erklärt wurden. Ganz anders sieht es in China und Indien aus: Dort führt an klassischen Motoren weiterhin kein Weg vorbei, sie sollen aber umweltfreundlicher werden. Insbesondere bei der Produktion von Katalysatoren für Benziner wirkt sich für Platin zudem ein weiterer Aspekt günstig aus: Im Vergleich zu dem anderen Weißmetall Palladium ist Platin deutlich billiger. Diesen Preisvorteil nutzen viele Fabrikanten und sind von Palladium auf Platin umgeschwenkt.
Weiterhin spielt Platin bei der Energiewende eine zentrale Rolle. Platin ist nicht nur wichtig bei der Entwicklung von intelligenten Stromnetzen, sondern kommt auch in Schlüsseltechnologien wie Brennstoffzellen zum Einsatz. Besonders bei der Elektrolyse von Wasserstoff mit Wasser und Strom und somit der Produktion von grünem Wasserstoff ist das Edelmetall ein wichtiger Faktor.
Viele künftige Verwendungsmöglichkeiten für Platin befinden sich derzeit noch in den Kinderschuhen, könnten aber schon bald für einen neuen Platin-Boom sorgen – so wird beispielsweise die Nutzung in Akkumulatoren erforscht. Erste Forschungsergebnisse legen nahe, dass durch den Einsatz von Platin die Kosten für Elektroauto-Akkus um die Hälfte gesenkt werden könnte.
Der „World Platinum Investment Council“, die Interessenvertretung der weltweiten Platin-Industrie, unterstreicht in einem aktuellen Marktbericht die außergewöhnlichen Chancen des Weißmetalls.
Nach Angaben des WPIC ist die gegenwärtige Schwäche des Platin-Preises nicht auf dessen Eigenschaften zurückzuführen. Vielmehr wirken externe Faktoren auf die Platin-Preis-Entwicklung. Die gestiegenen Leitzinsen haben zu einem Rückgang der Investitionsbereitschaft innerhalb der chemischen Industrie geführt.
Wenn aber die Zentralbanken das Zinsniveau ab dem kommenden Jahr wieder senken sollten, könnte dies die Platinnachfrage beflügeln.
Ausblick
Statistisch gesehen sind die Monate Oktober, November und Dezember die besten an der Börse. Zuletzt war die Stimmung aber eher verhalten. Auf dem Börsenparkett geht wieder die Angst um: Sollte der Ölpreis weiter steigen, droht die Inflation wieder anzuspringen und die Notenbanken zu weiteren Zinserhöhungen zwingen, während die Konjunktur bereits erste rezessive Signale sendet. Wie eingangs erwähnt, sehen wir uns derzeit mit zahlreichen Unsicherheitsfaktoren konfrontiert.
Die Eskalation im Nahen Osten kommt zuletzt noch hinzu. Neben der humanitären Katastrophe auch ein weiteres wirtschaftliches Risiko sowie möglicher neuer Treiber für die Inflation.
Wichtige Indizes wie der DAX sind bereits unter ihre 200-Tage-Linie gerutscht, selbst die bislang stabilen US-Schwergewichte zeigen Schwäche.
Kann die bevorstehende Berichtssaison noch eine Jahresendrally anschieben? Natürlich ist es unmöglich, so kurzfristig Kurse zu prognostizieren. Wenn die Notenbanken jedoch tatsächlich signalisieren, dass sie die Zinsen nicht weiter anheben -was wir erwarten- und die Berichtssaison gleichzeitig ganz ordentlich läuft, ist es wahrscheinlich, dass die Märkte gegen Jahresende noch mal zulegen.
Herzliche Grüße aus Trier
Ihr Team der
Breiling | Spohn & Kollegen
Vermögensverwaltung GmbH
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